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Demo am Samstag – Größter Einsatz in der Geschichte

Die rechtsradikale Demonstration bedeutete für Wolfsburg den wohl größten Polizei-Einsatz in der Geschichte.

Der Polizeieinsatz am Samstag war der größte in der Geschichte Wolfsburgs. Rund 3000 Polizisten aus mehreren Bundesländern waren den Tag über im Einsatz. Außer den Polizisten aus Wolfsburg und der Region waren auch mehrere Hundertschaften aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt nach Wolfsburg gefahren. Nach unbestätigten Informationen der Wolfsburger Nachrichten hat der Einsatz rund drei Millionen Euro gekostet.

Wolfsburgs Polizeichef Hans-Ulrich Podehl dankte den Wolfsburgern gestern für „ihren friedlichen und kreativen Protest“. „Die Aufrufe der Polizei im Vorfeld des Geschehens, Gesicht für die Demokratie zu zeigen und durch eigenes Verhalten bei Demonstrationen zur Friedlichkeit beizutragen sowie Abstand von gewaltbereiten Gruppierungen zu nehmen, haben deutlich Wirkung gezeigt“, sagte Podehl.

Probleme gab es vor allem mit Demonstrationsteilnehmern, die zu der gewaltgeneigten linksextremen Szene gezählt werden.

Diese hätten in Gruppen versucht, auf die angekündigte Marschstrecke der Rechtsaktivisten zu gelangen. „Durch die konsequente Umsetzung unseres Sicherheitskonzepts kam es zu keinen erheblichen Störungen beider Demonstrationen“, sagte Podehl.

Im Internet gab es Vorwürfe gegen das Vorgehen der Polizei. Diese habe unverhältnismäßig reagiert, hieß es unter anderem in einer Pressemitteilung der Grünen Jugend Göttingen.

Polizeichef Podehl dankte außerdem den Verantwortlichen der Stadt Wolfsburg für die Zusammenarbeit in der Vorbereitung.

Auch die Stadtverwaltung zog eine weitere Bilanz. Es seien zahlreiche Menschen im Einsatz gewesen. Allein 8 Mitarbeiter seien in der Einsatzleitung beschäftigt gewesen. 20 Mitarbeiter seien für den städtischen Ordnungsdienst dabei gewesen. Im Einsatz waren auch zahlreiche Feuerwehrleute und Mitarbeiter von Rettungsdiensten. Die Freiwilligen Feuerwehren Fallersleben, Vorsfelde, Kästorf/Brackstedt und der Löschzug Ost waren dabei. Von den Maltesern, dem Deutschen Roten Kreuz und dem Technischen Hilfswerk waren Männer und Frauen im Einsatz – insgesamt rund 200 aus diesen Gruppen.

Die städtischen Mitarbeiter waren am Samstag auch mit Abschlepparbeiten beschäftigt. Vom VW-Parkplatz am Hauptbahnhof wurden rund 60 Autos von acht Abschleppwagen auf den VW-Parkplatz Wellekamp gebracht. Auch aus dem Industriegebiet entlang der Route, auf der die Neonazis marschierten, mussten Autos und vor allem Fahrräder sichergestellt werden. Wer sein Zweirad vermisst, sollte sich an die Stadtverwaltung wenden. Im Service Center der Stadt Wolfsburg gibt es Informationen dazu, wann und wie die Eigentümer ihre Fahrräder zurückerhalten. Zu erreichen ist das Service Center unter der Bürgerrufnummer 115 oder über Telefon (05361) 28 12 34.

Wolfsburger Nachrichten, 3. Juni 2013
http://www.wolfsburger-nachrichten.de/lokales/Wolfsburg/demo-am-samstag-groesster-einsatz-in-der-geschichte-id1028975.html

3000 Polizisten hielten Demonstranten auseinander

Gegenprotestler warfen an der Rothenfelder Straße Steine. Ein Beamter wurde im Klinikum behandelt.

Rund 3000 Polizisten aus sechs Bundesländern waren Samstag im Einsatz, um in Wolfsburg gewaltsame Zusammenstöße zwischen den Gegenprotestlern und den rechtsextremen Demonstranten zu verhindern. Direkte Konfrontationen wurden auf diese Weise vermieden.

Bei Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und linken Autonomen wurden allerdings fünf Beamte sowie mindestens ein Gegendemonstrant leicht verletzt. Ein Polizist musste im Klinikum behandelt werden. Am späten Nachmittag ging es ihm jedoch wieder besser.

Die Antifaschisten hatten immer wieder versucht, an die abgeriegelte Marschroute der Rechtsextremen zu gelangen und die Demo mit Blockaden zu stoppen. Am Mittag schleuderten sie auf der Rothenfelder Straße Steine in Richtung der Beamten. Fünf Linksextreme wurden laut Polizei in einem „Gerangel“ verletzt.

Brenzlig wurde es um 13 Uhr im Hauptbahnhof. Eine größere Gruppe größtenteils vermummter Gegendemonstranten war mit dem Zug angekommen. Die Gefahr bestand, dass sie zum Bahnhofsvorplatz durchbrechen. Die Polizei bildete eine Kette aus Beamten. Die Autonomen reagierten aggressiv, einige griffen Beamte an. Die Gruppe wurde von der Polizei schnell durch einen Nebenausgang hinausgedrängt.

Als der Demo-Zug das Industriegebiet erreicht hatte, zündete ein Fotograf, der mutmaßlich dem antifaschistischen Lager angehörte und im Pressetross unterwegs war, einen Böller, um die Neonazis zu provozieren. Die blieben ruhig. In der Dieselstraße kam es am Nachmittag zu Steinwürfen. Am späten Nachmittag gab es eine kleinere Auseinandersetzung in der Heinrich-Nordhoff-Straße. Ein Demonstrant saß danach verletzt am Boden.

Hunderte Punks, Angehörige der Antifa-Bewegung und anderer linker Gruppierungen waren aus norddeutschen Städten nach Wolfsburg gereist, um gegen den Aufmarsch der Rechtsextremen zu protestieren. Etwa 450 von ihnen rechnete die Polizei der „gewaltgeneigten linksextremen Szene“ zu. Elf Protestler wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen. Die Polizei nahm insgesamt 29 Ermittlungsverfahren auf. Die überwältigende Mehrheit verhielt sich jedoch vollkommen friedlich.

Polizeichef Hans-Ulrich Podehl beklagte am Ende des Tages, „dass es immer Beteiligte gibt, die die gewalttätige Auseinandersetzung mit der Polizei suchen“. Das linke Bündnis „No TddZ“ kritisierte das massive Polizeiaufgebot mit Hundestaffeln, berittener Polizei und Wasserwerfern sowie den Einsatz von Pfefferspray.

Wolfsburger Nachrichten, 2. Juni 2013
http://www.wolfsburger-nachrichten.de/lokales/Wolfsburg/3000-polizisten-hielten-demonstranten-auseinander-id1027812.html

Wolfsburg – internationale Stadt

Polizei, Stadt und Gewerkschaften ziehen eine Bilanz, die positiv ausfällt.
Die Samba-Gruppe der IG Metall trommelt, Bülent Ceylan spricht, vor der Bühne auf dem VW-Parkplatz und in der Innenstadt versammeln sich rund 6500 Menschen. Sie protestieren gegen den Aufmarsch von rund 500 Neonazis.

Gegen 18 Uhr ist der Spuk in Wolfsburg vorbei. Stadt, Polizei und Bundespolizei ziehen ein Fazit, das positiv ausfällt. Es sei friedlicher gewesen, als erwartet, sagt zum Beispiel Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs. So sieht es auch Hartwig Erb, der Bevollmächtigte der IG Metall, die zusammen mit anderen Vereinen, Verbänden, Gewerkschaften und Kirchen ein großes Demokratiefest auf die Beine gestellt hat.

In der Goethestraße feiern rund 600 Menschen das Fest der Kulturen. Auf der Bühne gibt es Tanzaufführungen, an den Ständen Spezialitäten aus zum Beispiel Portugal, der Türkei und Italien. Wolfsburg, die internationale Stadt, lebt hier ihre Wirklichkeit.

Die Rechtsradikalen setzen sich um 18 Uhr in Sonderzüge und fahren zurück in ihre Heimat. Auch die rund 500 Linksgerichteten machen sich auf den Weg zurück. Es ist ihnen an diesem Samstag nicht gelungen, näher an die aufmarschierenden Neonazis heranzukommen. Die rund 3000 Polizisten schirmen die Rechtsextremen und die Linksextremen nahezu perfekt voneinander ab; die Taktik geht offenbar auf.

Die 570 Rechtsextremen waren zwar stimmgewaltig, ihre einzigen Zuhörer auf dem weiträumig abgesperrten Bahnhofsvorplatz sowie auf der Demo-Strecke waren allerdings nur mehrere Polizeihundertschaften und der Tross der Journalisten. Auffällig: Von ihrem Äußeren waren die Neonazis nicht von Autonomen zu unterscheiden. Auch marschierten viele Frauen mit. Die Rechtsextremen schmetterten aggressive Parolen gegen Ausländer, Israel und das System – blieben gleichwohl friedlich. Noch nicht einmal eine Zigarette durften sie sich für die Zeit der Demo anstecken – wer es dennoch tat, den stauchte der Anmelder der Demo zusammen.

Wolfsburger Nachrichten, 2. Juni 2013
http://www.wolfsburger-nachrichten.de/lokales/Wolfsburg/wolfsburg-internationale-stadt-id1027781.html

Dank an die Demonstranten

IG Metall, Polizei und Stadt ziehen Bilanz. Ein Extremismus-Experte sieht Veränderungen.
Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs zog am frühen Samstagabend eine positive Bilanz: „Ich bin froh, dass es friedlicher gewesen ist, als wir befürchtet hatten. Es ist ein Sieg der Wolfsburger, die gezeigt haben, dass wir uns so etwas nicht gefallen lassen“, sagte er und schickte eine klare Botschaft an Rechtsextreme hinterher: „Wir hören nicht auf, Widerstand zu leisten. Wir werden uns immer wehren.“

Nach Angaben des Ersten Bevollmächtigten der IG Metall, Hartwig Erb, verfolgten am Mittag rund 6500 Gegendemonstranten die Kundgebung und den Kurz-Auftritt des Comedians Bülent Ceylan auf dem Demokratiefest, darunter allein 5000 VW-Auszubildende. „Wir bedanken uns bei allen, die heute demonstriert haben“, sagte Erb im Namen des Schulterschlusses der Wolfsburger Demokraten. Die Initiative hatte die Protestveranstaltungen auf dem VW-Parkplatz und der Piazza Italia organisiert.

Dass fünf Polizisten in einem „Gerangel“ mit Gegendemonstranten verletzt wurden, ärgerte den Wolfsburger Polizeichef Hans-Ulrich Podehl. „Schade ist, dass es immer Beteiligte gibt, die die gewalttätige Auseinandersetzung mit der Polizei suchen“, sagte er. Insgesamt sei es der Polizei aber gelungen, die Situation zu kontrollieren und direkte Konfrontationen zwischen rechtsextremen Demonstranten und den Gegenprotestlern zu verhindern.

Eine andere Bilanz zog die Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt (Arug) in Wolfsburg. Deren Leiter Reinhard Koch und seine Mitarbeiter, ausgewiesene Extremismus-Experten, hatten den Aufmarsch genau beobachtet. Koch sagte: „Es war auffällig, dass nur wenige Rechtsextreme aus der Region in dem Aufmarsch unterwegs gewesen sind.“

Koch schätzt, dass es höchstens 20 gewesen sind. Auch andere Gruppen aus Niedersachsen seien wenig vertreten gewesen, sagte Koch. Für die Organisatoren sei die Teilnehmerzahl kein Erfolg, sagte Koch. Es seien vermutlich weniger als bei den anderen Aufmärschen gewesen. Das sei eher ein Stillstand, vermutlich sogar ein Rückschritt.

Auffällig sei auch, dass sich in den Aufmarsch auch Mitglieder anderer rechtsextremer Milieus gemischt hätten – darunter auch ältere Männer und mehr Frauen als bei anderen Aufmärschen. In der Stadt waren am Tage auch auffallend viele so genannte Hooligans unterwegs gewesen. Das sei beobachtenswert, sagte Koch. Die Zahl der in einer Partei organisierten Rechtsextremen sei bei dem Wolfsburger Aufmarsch eher gering gewesen.

Wolfsburger Nachrichten, 2. Juni 2013
http://www.wolfsburger-nachrichten.de/lokales/Wolfsburg/dank-an-die-demonstranten-id1027756.html

Viel lieber Vielfalt als „braune Soße“

Tausende kamen zur Gegenkundgebung des Bündnisses Schulterschluss der Wolfsburger Demokraten gegen den Aufmarsch der Rechtsextremisten.Den halben Samstag spielten Bands vor einem fast leeren Platz, doch am Mittag wurde es vor der Bühne auf einmal rappelvoll. Tausende verfolgten die Kundgebung des Bündnisses Schulterschluss der Wolfsburger Demokraten gegen den Aufmarsch der Rechtsextremisten, immer wieder brandete spontaner Applaus auf.

„Dieser Platz, diese Stadt, gehören uns“, sagte Oberbürgermeister Klaus Mohrs in seiner Rede. „Die Nazis haben diese Stadt gegründet, aber wir haben diese Stadt zu etwas gemacht, was die Nazis nicht wollten. Wir haben gelernt, einander mit Respekt zu begegnen.“

VW-Betriebsratsvorsitzender Bernd Osterloh warf der Bundesregierung mangelnden Mut in Sachen NPD-Verbot vor. „Aus meiner Sicht führt kein Weg an einem Verbotsverfahren gegen die NPD vorbei“, betonte er.

Jubel brach aus, als der Comedian Bülent Ceylan gemeinsam mit dem Porsche-Betriebsratsvorsitzenden Uwe Hück nach vorne trat und die beiden die Menge zum Lachen brachten. VW-Personalchef Martin Rosik bezeichnete die soeben am Hauptbahnhof eingetroffenen Rechtsextremen als „braune Soße“. „Neue Kollegen von sehr weit her sind ein großer Gewinn. Unsere Vielfalt ist unsere Stärke“, so Rosik.

Die evangelische Superintendentin Hanna Löhmannsröben erklärte: „Vielfalt ist eine Stärke und kein Unglück.“ Sie forderte dazu auf, die Demokratie mit Worten zu verteidigen. „Wir müssen uns dafür einsetzen, dass verblendete Menschen in die Gesellschaft zurückkehren können. Draufhauen reicht nicht.“

Mit einem „Schalom“ trat die ehemalige Vorsitzende der liberalen jüdischen Gemeinde, Tova Harety, ans Mikrofon. „Wir sind sehr stolz, dass in dieser Stadt so viele Leute gegen Nazis sind“, freute sich Harety.

„Dieser Protest macht uns Mut“, sagte auch Mechthild Hartung, die Sprecherin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten.

Wolfsburger Nachrichten, 2. Juni 2013
http://www.wolfsburger-nachrichten.de/lokales/Wolfsburg/viel-lieber-vielfalt-als-braune-sosse-id1027731.html

Wolfsburg ist bunt – auch beim Fest der Kulturen

Auf der Piazza Italia in der Goethestraße gab es kulinarische Spezialitäten aus vielen Ländern.Die Stände beim Fest der Kulturen sind umlagert. Falafel, Bratwurst, mediterrane Spezialitäten gab es hier, köstlichen Tee, Erfrischungsgetränke – Alkohol war an diesem Nachmittag in Wolfsburg auf den offiziellen Feiern verboten.

Auf der Piazza Italia in der Goethestraße waren an diesem Samstag einige Stände aufgebaut. Initiativen aus Wolfsburg und Umgebung betreuten dort die Gäste. Rund 500 bis 600 Besucher tummeln sich ständig dort, essen etwas, plauschen ein bisschen oder sehen den Aufführungen auf der großen Bühne zu.

Dort zeigen Kinder und Jugendliche moderne Tänze wie Hip-Hop und Streetdance. Sie bekommen von den Geschehnissen am Bahnhof und in der Innenstadt nicht besonders viel mit.

Viele Besucher informieren sich aber über den Live-Ticker, den die Wolfsburger Nachrichten an diesem Tag auf ihrer Seite im Internet angeboten haben. Dort sind die wichtigsten Ereignisse kurz und kompakt zusammengefasst. So bleiben viele Wolfsburger auf dem Laufenden – auch die, denen der Weg in die Innenstadt an diesem Samstag zu gefährlich ist.

Auch in der Goethestraße zeigte sich an diesem Samstagnachmittag, was die Stadt Wolfsburg auch ausmacht. Die Stadt ist international, vermutlich internationaler als viele andere Städte. Das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen und Ländern ist für viele gelebte Selbstverständlichkeit. Berührungsängste sind hier schlicht Fehlanzeige.

Wolfsburger Nachrichten, 2. Juni 2013
http://www.wolfsburger-nachrichten.de/lokales/Wolfsburg/wolfsburg-ist-bunt-auch-beim-fest-der-kulturen-id1027727.html

Entschlossen und laut gegen rechts

Polizei und Bündnis Bunt statt Braun haben am Sonnabend rechten Umtrieben in der Stadt Gifhorn einen Riegel vorgeschoben.

Die Strategie ging auf, mögliche Aufzugplätze rechtzeitig mit eigenen Veranstaltungen zu blockieren und die Rechtsradikalen von außerhalb gar nicht erst in die Stadt zu lassen. So blieb alles ruhig.

Dennoch war die Polizei sicherheitshalber mit einem massiven Aufgebot vertreten. Vor allem am Bahnhof Gifhorn, wo die Regionalzüge mit den Rechtsradikalen auf der Strecke Hannover-Wolfsburg planmäßig hielten, konzentrierten sich kräftig armierte Einheiten von Polizeiinspektion Gifhorn, Bereitschaftspolizei und Bundespolizei.

Um rechtsextreme Spontan kundgebungen zu vermeiden, durften die Neonazis die Züge gar nicht erst verlassen, in denen sie von vornherein von Beamten begleitet wurden. Für die Rückfahrt organisierte die Polizei gar einen Sonderzug.

Das Bündnis Bunt statt Braun aus Kirchen, Gewerkschaften und Parteien zeigte derweil Solidarität dem Wolfsburger Schulterschluss der Demokraten. Am Bahnhof Süd machte die multikulturelle Trommelgruppe des Kultbahnhofs Lärm gegen Rechts. IG Metall und DGB bezogen am Bahnhof Gifhorn Stadt Position. „Wir setzen ein Zeichen gegen Rechts und informieren die Bürger“, sagte Gunter Wachholz vom DGB.

Wolfsburger Nachrichten, 02. Juni 2013

http://www.wolfsburger-nachrichten.de/region/gifhorn/entschlossen-und-laut-gegen-rechts-id1026327.html

„Haut ab, hier will euch keiner“

Tausende machten in Wolfsburg klar, was sie von dem Neonazi-Aufmarsch halten: Gar nichts. Eine Reportage über einen bewegten Tag.Der Mann mit den halblangen braunen Haaren, mit Regenjacke und Rucksack ausgerüstet, brüllt sich die Seele aus dem Leib. „Nazis raus“, schreit er. Und „Haut ab, verpisst euch“. Immer wieder. Jeder Ruf wird mit einem Wippen des ganzen Körpers begleitet, so wie einst Franz Josef Strauß seine Reden hielt. Der Mann ist empört. Dahinten laufen sie, die ihn so aufregen.

Es ist kurz nach 15 Uhr in Wolfsburg. 100 Meter Luftlinie entfernt machen sich gerade die knapp 600 Neonazis vom Phaeno-Vorplatz auf, durch das abgesperrte Industriegebiet zu marschieren. Der Mann reckt sich noch einmal und stellt sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick auf den Tross zu erhaschen, mit den schwarz-weiß-roten Fahnen und den braunen Gedanken. „Euch will hier keiner“, ruft er und streckt beide Arme zum Autofahrer-Gruße in den Himmel. Als sich der Mann umdreht, huscht ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht.

10.15 Uhr Wolfsburg Hauptbahnhof

Wilfried Berg, Leiter der Polizeiinspektion Salzgitter/Peine/Wolfenbüttel, ist schon früh angereist. Er ist einer von 3000 Beamten, die Wolfsburg heute sicherer machen, die verhindern sollen, dass Neonazis und gewaltbereite Antifaschisten aufeinandertreffen.

Ein Anruf unterbricht das Gespräch. „Ich muss jetzt hier mal rangehen“, sagt Berg, nicht genervt, aber energisch. Berg leitet den Einsatz. Nicht den ganzen, wie er betont, aber einen heiklen Abschnitt. „So ein Einsatz ist wie eine Torte. Für das Tortenstück, das den Aufzug der Rechten überwacht, bin ich zuständig.“

Berg ist sich seiner Verantwortung bewusst. Und auch der Rolle, die die Polizisten haben. „Wir müssen diese Menschen schützen. So schwer es fällt und so unzumutbar es auch für uns ist, diese Parolen den ganzen Tag zu ertragen.“ Man habe die Aufgabe, darauf zu achten, dass hier keine Straftaten geschehen. „Wenn hier mit Gesten oder Plakaten gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoßen wird, schreiten wir ein.“

Gegen den Vorwurf der Antifa, deutsche Polizisten würden die Faschisten schützen, wehrt er sich. „Wenn die an der Macht wären, die wir heute schützen, wären wir doch die ersten, die verboten würden.“ Das müsse man auch den jungen Menschen sagen, die die Beamten an Tagen wie diesen pausenlos beleidigen würden.

Berg wollte an diesem Abend eigentlich in Berlin sein, beim DFB-Pokalfinale. Die Karte hat er abgegeben. Nun steht er in Wolfsburg, schützt die Demokratie und wartet auf Züge aus Magdeburg und Hannover. Im letzteren sollen 800 Personen sein. Links- und Rechtsextremisten, dazwischen die Bundespolizei.

11.30 Uhr: Parkplatz am Hauptbahnhof

Etwa 200 Bürger beobachten die Situation hier. Die Polizei hat den Bahnhof massiv abgesperrt. Der Zugang für Reisende zu den Gleisen wird immer wieder gestoppt. Das bekommt auch eine Familie mit zwei schweren Koffern und einem Kinderwagen zu spüren. Eine Polizistin stellt sich ihnen in den Weg. „Wir müssen heute nur noch bis nach Berlin. Unser Flieger geht erst morgen. Das schaffen wir schon“, sagt der Mann, nachdem er freundlich abgewiesen wurde.

Einige Demonstranten sind vermummt, mit dicken Sonnenbrillen und schwarzen Kapuzenpullis. In die meisten Gesichter kann man allerdings schauen. Sie sind entschlossen. Bunte Fahnen wehen. „Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg“ ist dort zu lesen. „Respekt“ steht auf vielen T-Shirts und auch das Bündnis Schulterschluss ist da.

Christa Westphal-Schmidt bekennt sich dazu. Sie sei zwar mit der SPD in Wolfsburg verbunden. Heute, sagt sie, sei sie aber als Privatperson hier. „Gesicht zeigen“, nennt sie das. „Ich will wie die meisten Menschen hier, den Neonazis, die sich Wolfsburg wegen seiner Geschichte ausgesucht haben, zeigen, dass sie hier an der falschen Adresse sind. Wir dulden hier keine rassistischen Parolen.“ Mehr noch hoffe sie allerdings, dass es friedlich bleibt.

12 Uhr: Alarm an der Shisha-Bar

Was Christa Westphal-Schmidt sagt, denken die meisten. Ausnahmen gibt es auch. Der Marsch des schwarzen Blocks durch die Innenstadt, entwickelt sich zu einem unkontrollierten Sprint. 150 Autonome rennen los, Hundertschaften in schwerer Montur hinterher. An der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Rothenfelder Straße wird die Gruppe gestellt und eingekesselt.

Alles andere als chillig geht es jetzt hier unweit einer Shisha-Bar zu. Polizisten werden angegriffen, sagt die Einsatzleitung. Steine fliegen und treffen einen Beamten. Reizgas liegt in der Luft. Ein Beamter kauert hinter einem Bully. Er schüttet sich literweise Wasser in die rot geschwollenen Augen. Später wird er von Sanitätern in ein Wohnhaus begleitet. Ein Anwohner hatte das offenbar angeboten. Bis nach 16 Uhr ist die Rothenfelder Straße gesperrt. Die Polizei nimmt Personalien auf, jeder potenzielle Straftäter wird fotografiert.

15 Uhr: Samba-Protest, Innenstadt

Der regionsübergreifende Widerstand gegen den Neonazi-Aufmarsch zeigt sich am eindrucksvollsten an der Samba-Trommelgruppe, die sich in Sichtweite des Phaenos postiert hat. Ulrike Größler ist aus Gifhorn angereist, zwei Mitglieder von Samba-Attack aus Braunschweig und auch Mitglieder der IG Metall aus Wolfsburg, deren Trommelgruppe sich nach Simon Bolivar, dem südamerikanischen Unabhängigkeitskämpfer, benannt hat, machen mit.

Nur wenige Meter weiter, versuchen sich die eingetroffenen Neonazis um Veranstalter Dieter Riefling Gehör zu verschaffen. Größler und ihre sechs Mitspieler schlagen zu – immer auf die Pauke. Der musikalische Leiter, ein Mann in rosa Jeans, gibt den Takt vor, indem er immer wieder in eine Trillerpfeife bläst. Die stehengebliebenen Passanten klatschen im Rhythmus. „Menschenwürde statt Rassismus“, ruft Ulrike Größler aus voller Überzeugung. Von den Nazis ist nichts zu hören.

Wolfsburger Nachrichten, 2. Juni 2013

Tausende protestierten friedlich gegen Rechtsextreme

Wolfsburg hat Flagge gezeigt – gegen Neonazis und Rassismus. Im Großen und Ganzen blieb der Protest friedlich. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung des Tages.

Die IG Metall sprach von rund 6500 Menschen, die am Samstag dem Aufruf von Gewerkschaften, Verbänden und Kirchen gefolgt waren, gegen die Neonazis zu protestieren. Aber nicht nur auf dem „Fest der Demokratie“, auch in der Innenstadt kamen die Gegendemonstranten zusammen und quittierten den Neonazi-Aufmarsch mit Pfiffen und Buhrufen. (Unseren Live-Ticker zum Nachlesen finden Sie hier.)

Die Polizei zog nach dem Einsatz ein positives Fazit: „Wir sind zufrieden darüber, dass es keine Ausschreitungen gab“, sagte Polizeisprecher Rainer Raschke am Abend. Rund 3000 Polizisten aus sechs Bundesländern gelang es bis zum frühen Abend, Konfrontationen von Rechtsextremisten und Gegendemonstranten zu verhindern. Bis zum frühen Nachmittag waren nach Polizeiangaben 570 Neonazis mit unterschiedlichen Zügen, unter anderem aus Hannover und Magdeburg, in die VW-Stadt gekommen. Ihnen standen rund 500 gewaltbereite Autonome gegenüber.

Die große Mehrzahl der Gegendemonstranten dagegen feierte einen friedlichen Protest. Für Stimmung sorgte unter anderem eine Trommelgruppe der IG Metall, mit Mitgliedern aus Gifhorn, Braunschweig und Wolfsburg, die mit viel Pauken-Einsatz versuchte, die Reden der Rechtextremisten auf dem abgesperrten Bahnhofs-Vorplatz zu übertönen.

Auf dem VW-Parkplatz vor dem Tryp-Hotel feierten von 10 Uhr an zahlreiche Besucher ein buntes Fest der Demokratie. Verschiedene Bands aus der Region spielten, Komiker Bülent Ceylan trat auf, VW-Betriebsratchef Bernd Osterloh, Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs und auch Uwe Hück, Betriebsratchef von Porsche, sprachen zu den Besuchern. Das einhellige Motto: Bunt statt Braun, wir haben keinen Platz für Nazis. Im Publikum waren Gäste aus der gesamten Region und sogar aus Kassel, Osnabrück, Emden und Polen.

Gegen 15 Uhr setzte sich der Neonazi-Aufmarsch auf einer vom Verwaltungsgericht genehmigten Route durch das Wolfsburger Industriegebiet in Bewegung – mit etwa dreistündiger Verspätung. Die Stadt Wolfsburg hatte den Aufzug zunächst verboten. Das Verwaltungsgericht musste die Veranstaltung dann aber genehmigen. Das Phaeno, das Automuseum, ein Outlet-Center und mehrere kleine Geschäfte blieben wegen der Demonstrationen geschlossen.

Zu einem Zwischenfall kam es gegen 11.30 Uhr, als etwa 150 Autonome quer durch die Innenstadt liefen, um näher an die Demonstrationsroute der Neonazis zu gelangen. Massive Einsatzkräfte der Polizei folgten, wurden im Anschluss offenbar mit Steinen beworfen. Zudem kam es auch zu Reizgas-Einsätzen. Fünf Polizisten wurden verletzt, einer musste ins Krankenhaus gebracht werden. Auf Höhe Friedrich-Ebert-Straße/Rothenfelder Straße wurden die in der Mehrzahl Vermummten gestellt und eingekesselt. Über Stunden. Die Straße wurde in beide Richtungen gesperrt. „Wir nehmen alle Personalien der Beteiligten auf. Sie sind alle verdächtig, Polizeibeamte angegriffen zu haben“, sagte der zuständige Einsatzleiter gegen 15.30 Uhr.

Schon am Vormittag gab die Polizei Festnahmen bekannt. Sieben Demonstranten aus dem linken Spektrum seien am Bahnhof festgesetzt worden, weil sie Böller mitgeführt hätten.

Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs und auch der Erste Bevollmächtigte der IG Metall, Hartwig Erb, zeigten sich am Abend zufrieden. „Ich denke, dass wir einen sehr bunten Protest gesehen haben und bin froh, dass alles friedlicher gewesen ist, als erwartet“, so Mohrs.

Wolfsburger Nachrichten, 01.Juni.2013

http://www.wolfsburger-nachrichten.de/lokales/Wolfsburg/tausende-protestierten-friedlich-gegen-rechtsextreme-id1026271.html

Die Stadt ruft zum friedlichen Protest auf

Gewerkschaften, Vereine und Verbände hoffen, dass sich viele Bürger gegen den Neonazi-Aufmarsch wenden.

Die Stadt ist bereit für den Aufmarsch der Rechtsextremen. Seit gestern hängen riesige Banner am Werk. Genauso eindeutig wird heute der Protest der Wolfsburger und vieler Menschen aus der Region sein. Gestern riefen erneut viele Wolfsburger dazu auf, sich den Neonazis friedlich in den Weg zu stellen.

Friedlich soll der Protest laufen. Dazu rief gestern auch noch einmal die Deutsche Polizeigewerkschaft auf. „Es darf nicht sein, dass es Einzelnen und linksautonomen Gruppen gelingt, den friedlichen Protest der Wolfsburger Bürgerinnen und Bürger für ihre eigenen ideologischen Zwecke zu nutzen und Randale gegen unbeteiligte Menschen und Polizeibeamte auszuüben“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende der DPolG Niedersachsen, Alexander Zimbehl, im Vorfeld des Einsatzes. „Die Verlegung der Aufzugsroute des rechtsextremen Spektrums, raus aus dem Wolfsburger Stadtkern in ein angrenzendes Gewerbegebiet, ist deshalb eine umsichtige und notwendige Entscheidung des Verwaltungsgerichts.“

Wegen des Aufmarsches und wegen der Gegendemonstrationen und -aktionen wird es in Wolfsburg morgen zu Verkehrsbehinderungen kommen. Polizei und Ordnungsbehörden haben zahlreiche Straßen ganz oder teilweise sperren lassen. Davon betroffen ist auch die Heinrich-Nordhoff-Straße, weil auf dem VW-Parkplatz von 10 Uhr bis in den späten Nachmittag das Demokratiefest mit zahlreichen Live-Auftritten von heimischen Bands gefeiert wird.

Gesperrt werden auch einige Straßen in der Nähe der Piazza Italia an der Goethestraße und Kantstraße. Dort feiern die Wolfsburger heute das Fest der Kulturen. Auf der Bühne wird es mehrere Ansprachen geben, unter anderem sprechen der Oberbürgermeister und VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh. Auch Osterloh rief gestern die Wolfsburger auf, sich an den Gegendemonstrationen zu beteiligen und deutlich zu machen, dass in Wolfsburg kein Platz für Neonazis ist. Solche Aufrufe gab es auch von Kirchengemeinden, Gewerkschaften, Vereinen und Verbänden.

Wer in die Innenstadt will: Die Busse fahren, solange es die Lage zulässt, auf normalen Routen.

Wolfsburger Nachrichten, 01. Juni 2013

http://www.wolfsburger-nachrichten.de/lokales/Wolfsburg/die-stadt-ruft-zum-friedlichen-protest-auf-id1025617.html