Archiv für den Autor: notddz2013

Flüchtlinge protestierten in der Innenstadt

Auch Asylsuchende aus Wolfsburg wollten die Öffentlichkeit auf ihre Lage hinweisen.

Mit Trommeln, Transparenten und Gesang machten sich am Samstag rund 100 Demonstranten der Wolfsburger Friedensgemeinschaft vom Bahnhof aus auf den Weg durch die Innenstadt.

Flüchtlinge aus dem Asylbewerberheim in Fallersleben, aber auch aus anderen Gebieten der Stadt sowie aus Hamburg, Bremen und Berlin wollten für ihre Rechte einstehen.

„Es reicht jetzt. Wir wollen, dass sich unsere Situation ändert“, waren sich John Moven und Jerry Bagaza, Sprecher der Flüchtlinge, einig. „Unsere Situation hängt von den Lebensbedingungen in Deutschland ab“, verdeutlichten sie.

„Wir sind hier, um für unsere Rechte zu kämpfen. Wir brauchen Möglichkeiten, zu arbeiten. Wir haben ein Recht auf Bildung und Freiheit. Wir haben lange genug in Isolation gelebt.“

„Ich lebe seit 25 Jahren hier, ich habe deutsche Kinder. Aber ich bin nur geduldet und habe immer noch kein Bleiberecht“, sagte Manuel Znzongo. Nicht nur er, sondern auch seine Kinder würden unter der Situation leiden. Er habe schon in Wolfsburg gearbeitet und versuche nun wieder, Arbeit zu bekommen. Aber die Ausländerbehörde würde versuchen, das zu verhindern.

„Gegen Rassismus für Bewegungsfreiheit“, „Asylrecht ist Menschenrecht und kein Privileg“ war unter anderem auf den Transparenten zu lesen.

Nach einer Auftaktkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz setzte sich der Zug in Richtung Nordkopf in Bewegung. Dort gab es erneut eine Zwischenkundgebung. Auch auf dem Hugo-Bork-Platz machten die Demonstranten noch einmal Halt, um die Öffentlichkeit zu informieren. Der Abschluss fand vor der Drogerie Müller statt.

Wolfsburger Nachrichten, 29. April 2013

http://www.wolfsburger-nachrichten.de/lokales/Wolfsburg/fluechtlinge-protestierten-in-der-innenstadt-id984299.html

„Zug der Erinnerung“ hält in Wolfsburg

Die Initiative will am 30. Mai an das Schicksal deportierter und ermordeter Nazi-Opfer erinnern.

Einen Tag vor der angekündigten Neonazi-Kundgebung in Wolfsburg („Tag der deutschen Zukunft“) macht der „Zug der Erinnerung“ am Donnerstag, 30. Mai, von 8 bis etwa 22 Uhr Station am Hauptbahnhof. Die Initiative des gleichnamigen eingetragenen Vereins erinnert an das Schicksal von 1269 Kindern und Jugendlichen, die am 11. Juni 1943 von den Nazis im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurden.

Wolfsburg wurde außerplanmäßig und kurzfristig in den Veranstaltungsplan aufgenommen. Die Kontakte seien über den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Braunschweig und die IG Metall in Wolfsburg geknüpft worden, wie Rüdiger Minow, Vorsitzender des Vereins „Zug der Erinnerung„, berichtet. Die Ausstellung in den Zugabteilen richtet sich an Erwachsene, Schülerinnen und Schüler sowie Jugendliche. Wolfsburgs IG Metall-Chef Hartwig Erb spricht von einer aufwühlenden und „sehr emotionalen“ Ausstellung.

„Wir sind der Bitte selbstverständlich nachgekommen und haben unseren Fahrplan entsprechend geändert, um auch nach Wolfsburg zu kommen“, sagt Minow. Der „Zug der Erinnerung“ fährt im Mai und Juni durch die gesamte Republik. Erinnert wird in der Ausstellung an das Schicksal von 1269 Kindern und Jugendlichen, die mit einem Deportationszug der Reichsbahn in drei Tagen von den Niederlanden aus nach Sobibor transportiert wurden. Die jüdischen Kinder wurden zusammen mit deutschen Emigranten und US-Gefangenen unmittelbar nach der Ankunft erschossen oder vergast.

„Wir wollen nicht nur an dieses Mordgeschehen erinnern, sondern den Besuchern auch die Möglichkeit geben, Abschied von den Opfern zu nehmen“, erläutert der Vereinsvorsitzende.

Die Opfer dieses speziellen Deportationszuges werden so aus der Anonymität der Massenvernichtung gerissen. Doch der Verein erinnert daran, dass es nur einer von vielen Zügen war, die in die Vernichtungslager im Osten fuhren. Minow und seine Mitstreiter wollen deshalb auch die Bundesbahn als Nachfolgerin der Reichsbahn in die moralische und finanzielle Pflicht nehmen.

In einer Pressemitteilung heißt es dazu: „Das Vorgängerunternehmen der Deutschen Bahn AG hat den NS-Krematorien Millionen Opfer zugeführt. Durch die Bahnlogistik konnten die Morde vervielfacht werden. Am Vernichtungsgeschehen war das DB-Vorgängerunternehmen aktiv und eigenmächtig beteiligt.“ Die Deutsche Bahn weist diesen Zusammenhang in einem Klageverfahren, das derzeit vor dem Landgericht Frankfurt am Main verhandelt wird, zurück. Das Unternehmen argumentiert, dass zwischen dem Antransport der KZ-Opfer durch die Reichsbahn und dem Vernichtungsgeschehen in den Lagern keine „innere Verbindung“ bestehe. Kläger ist ein inzwischen 88-jähriger Deportierter aus der Ukraine.

Der Verein bewegt sich finanziell auf unsicherem Terrain. Für den Zug der Erinnerung müssen Trassen- und Bahnhofsgebühren von rund 10 000 Euro pro Jahr bezahlt werden. „Das hat sich in den vergangenen Jahren summiert und tut uns finanziell weh. Das Geld fließt auch nicht in Form von Spenden der Bahn an unseren Verein zurück“, kritisiert Minow.

Die Ausstellung richtet sich an Jugendliche ab 13 Jahren (7. Jahrgangsstufe). Der Geschäftsbereich Schule unterstützt die Ausstellung und hat die Schulen der Stadt angeschrieben. Anmeldungen sind noch bis Mitte Mai möglich.

Salzgitter Zeitung, 26. April 2013
http://www.salzgitter-zeitung.de/region/wolfsburg/zug-der-erinnerung-haelt-in-wolfsburg-id979864.html

Breiter Widerstand gegen die Rechten

Wolfsburg rüstet sich für den Widerstand gegen Rechts. Tausende werden demonstrieren, sollte das Verwaltungsgericht den Aufmarsch der Rechtsextremen am 1. Juni erlauben.

Auf jeden Fall macht der „Zug der Erinnerung“ Halt auf dem Bahnhof, der der Juden-Deportation im Dritten Reich gedenkt.

Federführend bei der Organisation des Widerstands gegen den von Rechtsradikalen ausgerufenen „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) ist die IG Metall, Chef Hartwig Erb spürt breite Rückendeckung: „Befreundete Organisationen aus dem In- und Ausland haben angeboten, uns zu unterstützen.“ Die Angebote wurden aber dankend abgelehnt, Erb: „Wir wollen keinen Demonstrations-Tourismus. Die Bürger aus Wolfsburg und der Region werden selbst ein machtvolles Zeichen setzen.“ Nicht verhindern können die Organisatoren, dass linksautonome Gruppen aus der ganzen Republik zum Widerstand in Wolfsburg aufrufen – die Polizei bereitet sich mit einem massiven Großaufgebot vor.

Die Stadt gehe zwar fest davon aus, dass ihr Verbot des rechtsradikalen Aufmarschs vom Gericht bestätigt werde. Ansonsten, so erinnert OB Klaus Mohrs, „haben Wolfsburgs Bürger in der Vergangenheit eindrucksvoll untermauert, dass in unserer Stadt kein Platz für Nazis ist.“ Ein geplantes Stadtfest unter dem Motto „Bunt statt Braun“ werde auf jeden Fall stattfinden.

Sicher ist auch, dass der „Zug der Erinnerung“ am 30. Mai Station auf dem Bahnhof macht. Erinnert mit einer Ausstellung an die Judendeportation im Dritten Reich, zurzeit speziell an die Ermordung von Kindern und Jugendlichen. Die Stadt schreibt Schulen an und ermuntert Klassen zum Besuch – viele wollen kommen.

Wolfsburger Allgemeine Zeitung, 26. April 2013

http://www.waz-online.de/Wolfsburg/Wolfsburg/Stadt-Wolfsburg/Breiter-Widerstand-gegen-die-Rechten

[Wolfsburg] Break Isolation Solidarity Act

2013-04-27-break-isolation
Über 150 Menschen demonstrierten am 27. April 2013 für die Rechte der Flüchtlinge und gegen Rassismus. Das antifaschistische Bündnis „No TDDZ – Keine Zukunft für Nazis“ nutze den Tag für eine Mobilisierungsaktion für den 1. Juni. Hunderte Flugblätter konnten an die Passant_innen verteilt und für die Blockade des Naziaufmarsches geworben werden.

Infos zur Demonstration: http://thecaravan.org/node/3741

Rechte gründen „Aktionsbündnis 38“

In Wolfsburg hat sich im letzten Jahr offenbar ein „Aktionsbündnis 38“ gegründet, das maßgeblich in die Vorbereitung des geplanten Aufmarsches Rechtsradikaler am 1. Juni eingebunden ist. Das geht aus dem aktuellen Verfassungsschutzbericht hervor.

Im März 2012 war aus der früheren rechten „Bürgerinitiative für Zivilcourage“ die „Aktionsgruppe Wolfsburg“ hervorgegangen. Diese pflegt seit September enge Kontakte zu Aktionsgruppen in Gifhorn und Braunschweig. Dieses „Zusammenwirken kleinerer Aktionsgruppen zu einem Aktionsbündnis“, so der Verfassungsschutzbericht, zeige sich „maßgeblich für Vorbereitungen zum Tag der deutschen Zukunft im Juni 2013 in Wolfsburg verantwortlich“. Ob der von der Stadt verbotene rechtsradikale Aufmarsch am 1. Juni tatsächlich statt finden darf, muss das Verwaltungsgericht entscheiden.

Unabhängig davon sieht der Verfassungsschutz die kleine, aber offenbar harte Gruppe Rechtsradikaler aus der VW-Stadt als ausgesprochen umtriebig an. Das Aktionsbündnis 38 beteilige sich an der Organisation rechtsextremistischer Musikveranstaltungen, die Mitglieder nähmen an Kameradschaftstreffen und sonstigen überregionalen Veranstaltungen teil. Zu den in wechselnder Zusammensetzung durchgeführten Aktivitäten gehörten ebenso Propagandaaktionen sowie Störaktionen im Zusammenhang mit Veranstaltungen gegen den Rechtsextremismus. Auch an „Sonnenwendfeiern“ oder „Heldengedenkfeiern“ nähmen Wolfsburgs Rechte regelmäßig teil.

Wolfsburger Allgemeine Zeitung, 25. April 2013


http://www.waz-online.de/Wolfsburg/Wolfsburg/Stadt-Wolfsburg/Rechte-gruenden-Aktionsbuendnis-38

Rechte: Klage gegen die Stadt

Rechtsradikale wollen am 1. Juni in Wolfsburg aufmarschieren, die Stadt hat die geplante Kundgebung verboten (WAZ berichtete). Jetzt beginnt das juristische Tauziehen: Die Veranstalter der Demo erhoben gestern beim Verwaltungsgericht Klage gegen das Verbot der Stadt und stellten einen Eilantrag.

Das Verwaltungsgericht stellte die Klage- und Antragsschrift der Stadt Wolfsburg zu, die nunmehr eine Stellungnahme abgeben muss. „Wann die zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts über den Eilantrag entscheiden kann, ist derzeit noch nicht absehbar. Mit der Eilentscheidung ist jedenfalls nicht in der kommenden Woche zu rechnen“, erklärte Torsten Baumgarten, Sprecher des Verwaltungsgerichts.

Mit diesem juristischen Schritt der Veranstalter war gerechnet worden. Der Wolfsburger „Schulterschluss der Demokraten“ sowie mehrere Antifa-Gruppen haben mehrfach angekündigt, dass sie ihrerseits am 1. Juni gegen die Rechtsradikalen demonstrieren wollen, sollte der Aufmarsch doch genehmigt werden. Dann werden am 1. Juni vermutlich mehrere tausend Polizisten in Wolfsburg im Einsatz sein.

Wolfsburger Allgemeine Zeitung, 19. April 2013

http://www.waz-online.de/Wolfsburg/Wolfsburg/Stadt-Wolfsburg/Rechte-Klage-gegen-die-Stadt

Buch: „75 Jahre ‚Stadt des Kdf-Wagens‘/Wolfsburg“

Die dunklen Kapitel der Stadt und der Menschen

Die Stadt Wolfsburg feiert in diesem Jahr ihren 75. Geburtstag, dabei hieß sie in den ersten sieben Jahren anders. Ein neues Buch soll zusammenfassen, was von der Stadt des KdF-Wagens nach Kriegsende blieb.

„Volksburg – Wolfswagen – 75 Jahre ‚Stadt des Kdf-Wagens‘/Wolfsburg“ – so heißt das neue Buch, dass vor kurzem von Stephan Krull herausgegeben wurde. Der ehemalige VW-Betriebsrat versammelt in diesem Band verschiedene Artikel, die die Rolle von VW und insbesondere der Familien Piëch und Porsche und weiterer Funktionsträger in der Nazi-Zeit beleuchten.

In der „Volkswagen-Betriebsgemeinschaft“ habe es auch in der Nachkriegszeit eine „hohe Kontinuität“ gegeben, so Krull. Auch die Verehrung des „genialen Konstrukteurs Porsche“ – so Adolf Hitler bei der Grundsteinlegung für die „Stadt des Kdf-Wagens“ – sei heutzutage von dessen Rolle in der Nazi-Zeit ungetrübt, kritisiert Krull. Schließlich tragen heute die Haupteinkaufsstraße, ein Stadion und sogar eine Realschule in Wolfsburg den Namen des ehemaligen
„Wehrwirtschaftsführers“ und vor dem Rathaus steht ein Denkmal für Porsche.

Aber auch weitere Namen der Führungsriege Wolfsburgs in den Nachkriegsjahren beleuchtet das neue Buch hinsichtlich ihrer Verantwortung in der Nazi-Zeit. In dem Werk wird unter anderem die frühere NSDAP-Mitgliedschaft des langjährigen Bevollmächtigten der IG Metall Hugo Bork aufgegriffen. Auch fragen die Autoren, warum heute ein Architekturpreis nach „Hitlers KdF-Stadtarchitekten“ Peter Koller benannt wird und Koller 1954 Stadtbaurat in Wolfsburg werden konnte. „Aus der Aufarbeitung der Stadt werden keine Konsequenzen gezogen“, bemängelte Alfred Hartung, einer der Autoren des Buches.

Man wolle nicht alles in Wolfsburg „vom Tisch fegen“, erklärte Linkspolitikerin und Mit-Autorin Pia Zimmermann, forderte aber, dass die Verbrechen in der Nazi-Zeit zugegeben werden und man sich mit der Geschichte der Namen auseinandersetzen müsse. „Das Buch ist ein konstruktiver und kritischer Beitrag zum Stadtgeburtstag“, resümiert Krull.

Das 155 Seiten starke Buch „Volksburg – Wolfswagen“ ist im Buchhandel erhältlich.

Wolfsburger Kurier, 21. April 2013

www.wolfsburger-kurier.de/ausgaben/2013-04-21_kjk.pdf