Wolfsburger setzten ein Zeichen gegen den Faschismus

Rund 100 Wolfsburger haben sich am Samstag zu einem Schweigekreis versammelt, um vor der Neonazi-Demonstration am 1. Juni ein Zeichen zu setzen.

„Dieser Schweigekreis ist wichtig.“ Da sind sich Hartwig Erb, Erster Bevollmächtigter der IG Metall, und Tom Wolters von der IG-Metall-Jugend einig. „Im Vorfeld des geplanten Nazi-Aufmarschs müssen wir Präsenz in der Öffentlichkeit zeigen und auf die Gefahr von Rechts aufmerksam machen.“

Der Schulterschluss der Wolfsburger Demokraten, das Aktionsbündnis gegen Rechts, zeigte mit einem Schweigekreis unter dem Glasdach des Hugo-Bork-Platzes am Samstagvormittag genau diese Präsenz. Rund 100 Wolfsburger beteiligten sich. Für einen zweiten Schweigekreis am kommenden Samstag erhofft sich das Bündnis eine noch größere Resonanz.

Dass ein Schweigekreis nicht zwangsläufig lautlos über die Bühne gehen muss, zeigten zwei Teilnehmer. Sie erhoben ihre Stimmen. Zunächst Mechthild Hartung von der Vereinigung der Opfer des Nazi-Regimes und dem Bund der Antifaschisten. Sie zitierte die 1924 geborene Esther Bejerano, einer der letzten Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz: „Mir fehlen die Worte für das, was sich heutzutage an Verbrechen der Neonazis abspielt.“ Ihre Mitstreiter hatten ein großes Transparent entrollt. Mit der Aufschrift: „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Keine Toleranz für Nazis!“ Aus Wefensleben in Sachsen-Anhalt war der Lehrer und Lyriker Johann Voß angereist. Er zitierte Gedichte aus seinem Buch „Die Mitte ist die andere Seite“. Entstanden ist diese Lyrik auf der Grundlage von Gesprächen, die Voß mit ehemaligen Häftlingen der KZ-Lager Auschwitz und Birkenau führte. Zum Schluss las er die Namen jener ausländischen Mitbürger vor, die dem Terror der rechtsradikalen Vereinigung NSU zu Opfer fielen.

Dem Schulterschluss der Wolfsburger Demokraten gehören unterschiedlichste weltanschauliche Gruppierungen an, von der Partei der Linken bis hin zu den Religionsgemeinschaften. Alle abrahamitischen Religionen waren am Samstag vertreten: die evangelischen und katholischen Christen mit Superintendentin Hanna Löhmannsröben, Dechant Heinrich Günther und Diakon Theodor Weise, die Muslime mit Mohamed Kodja und Mohamed Ibrahim sowie die jüdisch-orthodoxe Gemeinde mit Yakov Yosef Harety. Der Rabbiner sagte: „Ich habe heute extra das Gebet zum Sabbat verlegt, was nicht einfach war. Aber der Anlass ist äußerst wichtig, denn ich wollte bei diesem Schweigekreis vor Ort sein.“ Die vier Religionsgemeinschaften wollen, so war am Rande zu erfahren, künftig stärker kooperieren.

Auch die italienische Parlamentsabgeordnete Laura Garavini ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, durch ihre Teilnahme am Schweigekreis ebenfalls Flagge gegen den Neofaschismus zu zeigen. Sie war am Wochenende in Wolfsburg zu Besuch.

Wolfsburger Nachrichten, 19. Mai 2013

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