Beim „Tag der deutschen Zukunft“ in Wolfsburg zeigten sich viele Neonazi-Größen einträchtig nebeneinander. Die szeneinternen Streitigkeiten traten in den Hintergrund. Ein Erfolg war die Demonstration trotzdem nicht: Die Teilnehmerzahlen stagnieren. Weit schwerer wiegt indes, dass die braunen Marschierer ihre rassistischen Parolen unter Ausschluss der Öffentlichkeit skandierten.
Längst gehört der „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) zu den größten rechtsextremistischen Aufmärschen Deutschlands. Bei der fünften Auflage, die am Samstag in Wolfsburg stattfand, versammelten sich rund 570 Marschierer, um unter dem Motto „Unser Signal gegen Überfremdung“ ihren rassistischen Parolen freien Lauf zu lassen. Sprechchöre wie „Alles für Volk, Rasse und Nation“ könnten entlarvender nicht sein.
Besonders radikale Hardcore-Neonazis treten den Weg gen Norden an. Und so liest sich die Rednerliste mit dem Hildesheimer Dieter Riefling, dem Vorsitzenden der Splitterpartei Die Rechte, Christian Worch, und dem Hamburger NPD-Landesvize Thomas „Steiner“ Wulff, einem der schärfsten Kritiker von NPD-Chef Holger Apfel, wie ein „who is who“ der momentanen braunen Führungsriege. Zu diesen Dreien gesellte sich mit dem „Vater der Autonomen Nationalisten in Berlin“ und aktuellen NPD-Landesvorsitzenden der Hauptstadt, Sebastian Schmidtke, und Wolfram Nahrath, einst Chef der verbotenen „Wiking Jugend“ (WJ), weitere „Szeneprominenz“.
In einer ersten Stellungnahme streicht das Organisationsteam um Riefling den engen Schulterschluss zwischen den verschiedenen Flügeln der „Bewegung“ heraus: „Die Teilnehmer und Redner spiegelten das gesamte Spektrum des Nationalen Widerstandes in der BRD wieder!“, heißt es dort. Die rund 90-minütige Versammlung, die mit zwei Stunden Verspätung begann, sei störungsfrei verlaufen. Kein Wunder, hatte das Verwaltungsgericht Braunschweig die Demonstration doch in ein nahezu menschenleeres Industriegebiet gelegt, das zudem von einem Großaufgebot der Polizei abgeschirmt wurde. Eine Beschwerde dagegen scheiterte vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg.
Die Versuche linker Gegendemonstranten zur Strecke der Neonazis vorzudringen, wurden von den Polizeikräften unterbunden. Die Beamten kesselten an verschiedenen Stellen Autonome ein, ein Polizeisprecher sprach von 500 gewaltbereiten Störern. Bei einzelnen Auseinandersetzung setzte die Polizei Schlagstöcke und Pefferspray ein, berichtet die taz. Fünf Beamte seien durch Steinwürfe verletzt worden, sieben Personen wanderten in Gewahrsam, erfuhr der NDR aus Polizeikreisen.
In der Innenstadt feierten unterdessen zwischen 2.500 (Polizeiangabe) und 8.000 (Angaben der Veranstalter) Menschen ein friedliches „Fest der Demokratie“. Damit blieb der Zuspruch weit unter der im Vorfeld genannten Zahl von mehr als 10.000 erwarteten Gegendemonstranten. Unterstützung erhielten die Neonazi-Gegner von dem Comedian Bülent Ceylan. Auch Volkswagen drückte seine Abneigung gegen die ungebeten Gäste aus: Riesige Transparente mit dem Slogan „Respekt – kein Platz für Rassismus“ hatte der Autobauer am VW-Hochhaus und am Kraftwerk auf der anderen Seite des Mittellandkanals anbringen lassen.
Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs zeigte sich trotzdem zufrieden: Er sagte der Braunschweiger Zeitung: „Ich denke, dass wir einen sehr bunten Protest gesehen haben und bin froh, dass alles friedlicher gewesen ist, als erwartet. Es ist ein Sieg für die Wolfsburger, die gezeigt haben, dass wir uns so etwas nicht gefallen lassen. Wir werden uns immer wieder wehren.“
Endstation Rechts., 02. Juni 2013